Krebs

«Wissen ist Macht»

Wie sich Angelina Jolie den Risiken erblich bedingter Krebserkrankungen stellt

Spoiler

  • Häufen sich in der Familie Fälle von Brust- und Ovarialkrebs, sollten junge Frauen ab dem 18. Lebensjahr ihre Gene testen lassen.
  • Neuartige Gentests untersuchen gleich mehrere Gene, die das Risiko für unterschiedliche Krebsarten beeinflussen.
  • Gentests bringen Wissen, das wiederum neue Handlungsmöglichkeiten öffnet.

Man kann seine Prominenz wohl kaum sinnvoller einsetzen. Erneut machte der Hollywood-Star Angelina Jolie eine zutiefst persönliche Angelegenheit gezielt öffentlich: die vorsorgliche Entfernung ihrer Eierstöcke und Eileiter. Der Grund für den Eingriff war ihr erblich bedingtes, erhöhtes Krebsrisiko. Ein Risiko, das die Schauspielerin mit vielen Frauen weltweit teilt. Rund zehn Prozent aller bösartigen Ovarialkarzinome sind auf eine erbliche Belastung zurückzuführen!

Ihr Versprechen an betroffene Frauen

Mit ihrem erneuten Schritt an die Öffentlichkeit löste die Schauspielerin, Regisseurin und UN-Sonderbotschafterin für Flüchtlinge ein Versprechen ein, das sie bereits zwei Jahre zuvor gemacht hatte. Damals hatte sie sich – ebenfalls vorsorglich – einer beidseitigen Brustamputation unterzogen. «Ich wollte damals, dass andere Frauen mit diesem Risiko wissen, welche Möglichkeiten zu handeln sie haben. Und ich versprach, auch künftig, hilfreiche Informationen zu geben. Hierzu gehört nun auch die Entfernung meiner Eierstöcke und Eileiter», schrieb sie im März 2015 in der New York Times. Vor ihrem ersten chirurgischen Eingriff hätten die Experten, so die Schauspielerin, ein Risiko von bis zu 87 Prozent für eine Erkrankung an Brustkrebs und bis zu 50 Prozent für Eierstockkrebs berechnet.

Krebs in der Familiengeschichte

Angelinas Mutter Marcheline Bertrand war mit nur 56 Jahren an Krebs gestorben, ebenso erlagen ihre Grossmutter und Tante der Erkrankung. Heute raten Ärzte Frauen, in deren Familien wiederholt Fälle von Brust- oder Eierstockkrebs aufgetreten sind, ab dem 18. Lebensjahr zu einer genetischen Beratung beziehungsweise zu einem Gentest.

Während bei Angelina Jolie eine Mutation des Gens BRCA1 vorlag, bedeutet auch eine Mutation des Gens BRCA2 ein deutliches Krebsrisiko – allerdings ist dies wesentlich niedriger. Beide Gene kontrollieren das Zellwachstum. Liegt eine Mutation eines dieser Gene vor, kann die Zelle unkontrolliert wachsen und einen Krebs entstehen lassen.

Doch nicht nur die BRCA-Gene können aufgrund einer erblichen Fehlfunktion mit Krebs in Verbindung stehen. Ein gutes Bespiel hierfür sind Familiensituationen, in denen auffällig viele Fälle von Brust- und/oder Ovarialkrebs auftreten, obwohl nicht immer eine BRCA1/2- Mutation vorliegt. Auch andere Gene und Kombinationen verschiedener Gene können in Zusammenhang mit diesen und anderen Formen von Krebs stehen.

25 Gene gleichzeitig testen

Eine neue Generation von Gentests nutzt die Methode des sogenannten Next Generation «Sequencing», das mehrere Gene gleichzeitig analysiert. Der neueste dieser Multi-Panel-Tests umfasst 25 Gene, die das Risiko für acht Krebsarten beeinflussen: Brust-, Darm-, Eierstock-, Gebärmutter-, Magen-, Bauchspeicheldrüsen-, Haut- und Prostatakrebs. In die Risikoeinschätzung mit dem Multi-Panel-Test fliessen neben genetischen Daten auch Informationen über die krebsrelevante Vorgeschichte der Familie ein.

Gezieltes Patientenmanagement

Die angemessene Risikoeinschätzung für eine erblich bedingte Krebserkrankung ermöglicht gezielte medizinische Massnahmen. Hierzu können engmaschigere Vorsorgeuntersuchungen, medikamentöse Behandlungen und vorbeugende Operationen wie bei Angelina Jolie gehören. Einem möglichen Missverständnis vorbeugend betont die Schauspielerin in der New York Times: «Ein positiver BRCA-Test heisst nicht zwangsläufig, dass man einen chirurgischen Eingriff vornehmen lassen muss.»

Mögliche Gefahrensignale

Bei einem routinemässigen Bluttest, der aufgrund von Jolies genetischer Vorbelastung jährlich gemacht wurde, wurden Anfang 2015 erhöhte Entzündungswerte festgestellt. Sie können Anzeichen für ein frühes Stadium eines Ovarialkarzinoms sein. Grundsätzlich gibt es für Eierstockkrebs aber keine spezifischen, verlässlichen Früherkennungsmassnahmen, weshalb für Frauen ohne genetische Vorbelastung die üblichen jährlichen Vorsorgeuntersuchungen umso wichtiger sind. Obwohl es bei Angelina Jolie keine weiteren Anzeichen für einen Ovarialkrebs gab, rieten ihr alle Ärzte aufgrund der Familiengeschichte zu einer vorsorglichen Operation, wofür sich die Mutter von sechs Kindern dann auch entschied.

Vorsorgliche Operation ab 40

Angelina Jolie hatte sich schon länger mit diesem zweiten prophylaktischen Schritt beschäftigt: «Ich bereitete mich körperlich und emotional vor, diskutierte die Optionen mit Ärzten und beschäftigte mich mit alternativer Medizin.» Die damals 39-Jährige war davon ausgegangen, noch ein wenig mit der Operation warten zu können. Tatsächlich ist eine Erkrankung an erblich bedingtem Eierstockkrebs unter 40 Jahren eher selten. Sofern die Familienplanung abgeschlossen ist, kann daher ab diesem Alter eine entsprechende Operation mittels Bauchspiegelung erfolgen. Neben den Eierstöcken werden bei einer Operation auch die Eileiter entfernt, weil von ihnen häufig Karzinome ausgehen. Im Falle von Angelina Jolie wurde auf einem Eierstock ein harmloser, kleiner Tumor gefunden, im Gewebe gab es keine Anzeichen für Krebs.

So schwer es auch sein kann, sich dem eigenen Risiko einer Erkrankung an erblichem Krebs zu stellen. Das gewonnene Wissen eröffnet einen wichtigen Handlungsraum, weiss Angelina Jolie: «Man kann Rat einholen, seine Optionen erkennen und die für sich richtigen Entscheidungen treffen. Wissen ist Macht.»

Nähere Informationen findest du zum Beispiel bei der Genetischen Beratungsstelle Genetica.

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